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Systemrelevant. Ein Wort, dem in der Corona-Krise eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Doch damit dieses Wort Bestandteil einer neuen Gesellschaftsform wird, müssen Taten folgen. Und zwar, indem über Leistung und deren Vergütung in sog. systemrelevanten Berufen ganz neu nachgedacht wird.
Es sind immer diese „besonderen“ Zeiten, die jeden Einzelnen – aber auch eine Gesellschaft – herausfordern und oft auch eine Neustrukturierung erwirken.
Systemrelevant ist ein Wort, das in der Corona-Krise eine unglaubliche Macht entfaltet. Wer ist systemrelevant? Was ist systemrelevant? Und was bedeutet das eigentlich?
Die vergangenen Wochen und Monate brachten für viele etwas Licht ins Dunkel. Klar, als systemrelevant gelten auf jeden Fall Unternehmen, die eine derart bedeutende Rolle in einem Staat spielen, dass deren Insolvenz keinesfalls hingenommen werden kann. Jedem fällt jetzt gleich die größte deutsche Fluggesellschaft ein. Natürlich ist die Lufthansa-Group mit mehr als 550 Tochtergesellschaften und verbundenen Unternehmen systemrelevant, schließlich erreichen wir mit dem globalen Streckennetz der Lufthansa Reiseziele in mehr als 80 Ländern.
Die Deutschen reisen gerne und viel: Immerhin waren es 2019 rund 55 Millionen Personen, die eine Reise von mindestens 5 Tagen unternommen haben: Damit lag die Zahl der Urlaubsreisenden in Deutschland 2019 so hoch wie nie zuvor. Das bedeutet, 70,1 Millionen Urlaubsreisen und 83,1 Milliarden Euro!
Noch Fragen zum Begriff systemrelevant hinsichtlich wirtschaftlicher Bedeutung?
Doch als systemrelevant gelten auch Dienstleistungen, die besonders geschützt werden müssen. Spätestens jetzt sollten wir an alle die Menschen denken, die im Gesundheitswesen ihren Dienst tun. Die in Krankenhäusern, Senioren- und Pflegeeinrichtungen ein System am Laufen halten, die dafür sorgen, dass unser soziales Leben so gut wie möglich funktioniert. Deren Einsatz in der Öffentlichkeit seit Jahrzehnten meist nicht oder kaum wahrgenommen wird, für die unserer Gesellschaft, falls überhaupt, nur eine sehr latent vorhandene Akzeptanz aufbringt.
Dann kam Corona.
Und es sind genau diese Menschen, die in der Corona-Krise jeden Tag ihre Gesundheit, ihr Leben riskieren, um für uns im Ernstfall da zu sein. Plötzlich werden sie als Helden und Heldinnen gefeiert. Schön, wenn nun endlich ein Gefühl der Wertschätzung für die Arbeit dieser Menschen durch die Gesellschaft geht. Gut, wenn unser Denken eine andere Perspektive einnimmt.
Aber mit nichts als Worten, Beifallsbekundungen und Lobeshymnen können diese Menschen ihre Mieten und ihre Rechnungen nicht bezahlen!
Sie kehren nicht nach einem endlos langen Arbeitstag, der sie auch emotional oft an ihre Grenzen bringt, in ihre schicken Neubauwohnungen zurück, um sich mit der Planung des nächsten Luxus-Urlaubes zu beschäftigen. Ihnen fehlen schlichtweg die finanziellen Mittel dazu!
Systemrelevante Berufe.
Was zunächst so vielversprechend klingt – nach Sicherheit, Bedeutsamkeit und gesellschaftlicher Anerkennung – ist in einer Realität zuhause, in welcher man seine Kinder nicht unbedingt wissen möchte. Und das kann nicht sein! Was passiert mit einer Gesellschaft, in welcher ethisch wertvolle Berufe wie z. B. der Dienst am Menschen, auf dem unser aller Leben basiert, so viel Geringschätzung erfahren? Sollten wir nicht eher stolz darauf sein, wenn unsere Tochter, unser Sohn, sich genau für einen solchen Weg entscheidet?
Wenn man jetzt genau darüber nachdenkt, kommt man auf ein weiteres – zugegeben ein mehr als problembehaftetes – Phänomen: Es sind nämlich die Frauen, die schwerpunktmäßig davon betroffen sind. Sie sind zu zwei Dritteln in sog. Frauenberufen vertreten, die dermaßen unterbezahlt sind, dass sogar ein Leben allein sich ausschließt. Es sind hauptsächlich die Frauen, die in der Pflege arbeiten, die Regale im Supermarkt einräumen und sich beschimpfen lassen müssen, wenn die gewünschte Schokoladensorte nicht mehr vorrätig oder ein präferiertes Klopapier in dieser Minute nicht verfügbar ist, es sind die Frauen, die an der Kasse sitzen und einem enormen Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind, die in Arztpraxen täglich mit kranken und oft rücksichtslosen Menschen konfrontiert sind, die in der Gastronomie arbeiten – und gar keine Wahl haben!
Gar keine Frage – auch die Männer leisten einen erheblichen Beitrag in der Krise.
Aber Frauen bezahlen meist doppelt oder gar dreifach.
Nicht, dass sie nur allzu oft in einem unterbezahlten Job tätig sind, leisten sie auch noch zu einem Großteil die anfallenden (unbezahlten) Arbeiten im Haushalt und schultern die emotionalen Probleme. Und die Herausforderungen, die durch Schul- und Kitaschließungen entstehen, sind in erster Linie durch die Frauen abzufedern. Ganz zu schweigen von den Klimmzügen Alleinerziehender.
Und am Ende des Arbeitslebens kommt dann das böse Erwachen.
Für manche auch schon viel früher.
Es sind doch die Frauen, die in der Corona-Kreise und vielen schwierigen Zeiten davor und danach so tatkräftig mithelfen und -halfen, unser gesellschaftliches Leben funktionstüchtig zu halten, die jeden Tag Menschen in Krankenhäusern pflegen, die um ihre Leben kämpfen, die in Seniorenheimen die Alten beim Sterben begleiten, die in der Reinigung unsere verdreckten Klamotten annehmen und ihnen Sauberkeit beibringen, die uns in unserem Lieblingscafé in unserer Freizeit mit einem Lächeln bedienen, die als Reinigungskräfte in öffentlichen Einrichtungen dafür sorgen, dass Hygienekonzepte erfüllt werden…
Systemrelevante Berufe. Gut und schön.
Aber dazu gehört auch, dass die Vergütung stimmt!
Man muss ernsthaft über Geld sprechen. Darüber, wer wie viel bekommt und weshalb. Und warum wir manche Berufsgruppen immer wieder vergessen.
Wir haben jetzt gesehen, ohne wen es einfach nicht funktioniert. Niemals.
Wir haben es gesehen. Und wir sehen es immer noch.
Doch haben wir es auch begriffen? Reicht unser Verständnis über die Zeit der Krise hinaus oder entfernen wir uns wieder von einer neu gewonnenen Empathie?
Sind wir bereit, unserer Gesellschaft eine Richtung zu geben, in der Systemrelevanz eine Gewichtung hat – mit allem, was dazugehört!
Weil der Einsatz eines jeden Menschen eine unglaubliche Bedeutung für unser aller Leben hat.