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11. November 2020Weihnachtszeit in Italien – Il periodo natalizio
30. November 2020Virginias Brief
Die achtjährige Virginia aus New York schrieb an die Tageszeitung New York Sun:
Ich bin acht Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt keinen Weihnachtsmann. Papa sagt, was in der Sun steht, ist immer wahr. Bitte, sagen Sie mir: Gibt es einen Weihnachtsmann?
Virginia O’Hanlon
Der Chefredakteur Francis Church antwortete auf Virginias Anfrage – auf der Titelseite der Sun:
Virginia, Deine kleinen Freunde haben nicht recht. Sie glauben nur, was sie sehen; sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist nicht erfassen können. Aller Menschengeist ist klein, ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kinde gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein winziges Insekt.
Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Es gibt ihn so gewiss wie die Liebe und Großherzigkeit und Treue.
Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe! Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie – gar nichts, was das Leben erst erträglich machte. Ein Flackerrest an sichtbarem Schönem bliebe übrig. Aber das Licht der Kindheit, das die Welt ausstrahlt, müsste verlöschen. Es gibt einen Weihnachtsmann, sonst könntest Du auch den Märchen nicht glauben.
Gewiss, Du könntest Deinen Papa bitten, er sollte am Heiligen Abend Leute ausschicken, den Weihnachtsmann zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme den Weihnachtsmann zu Gesicht – was würde das beweisen? Kein Mensch sieht ihn einfach so. Das beweist gar nichts.
Die wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf Mondwiesen tanzen. Trotzdem gibt es sie. All die Wunder zu denken – geschweige denn sie zu sehen – das vermag nicht der Klügste auf der Welt. Was Du auch siehst, Du siehst nie alles. Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönsten Farbfiguren suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal die Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube und Poesie können ihn lüften. Dann werden die Schönheit und Herrlichkeit dahinter zu erkennen sein.
„Ist das auch wahr?“ kannst Du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist wahrer und nichts beständiger. Der Weihnachtsmann lebt – und er wird ewig leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird er da sein, um Kinder wie Dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen.
Frohe Weihnacht, Virginia.
Dein Francis Church
Der Briefwechsel zwischen Virginia O’Hanlon und Francis P. Church stammt aus dem Jahr 1897. Er wurde über ein halbes Jahrhundert, alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit, auf der Titelseite der Zeitung gedruckt.
Die Sun wurde 1950 eingestellt.
SCHÖNEN ERSTEN ADVENT…
2 Comments
Eine sehr schöne Antwort des Redakteurs. Ich finde, es ist nicht nur eine Antwort auf eine Kinderfrage, sondern auch für alle erwachsenen Menschen, die nach einer Antwort suchen.
Liebe Anna, herzlichen Dank für Dein Feedback. Es freut mich, dass Dich der erste Beitrag meines Weihnachtblogs angesprochen hat. Es ist der einzige, der redaktionell nicht von mir stammt, aber ich fand ihn so treffend, dass er einfach einen Platz in meinem Blog verdient hat! Schön, dass Du Dich angesprochen fühlst und bereit bist, Dein Herz für diese Dinge zu öffnen. ICh hoffe und wünsche mir, dass Du mich auf meiner Riese durch die Welt der Weihnachtsbräuche begleitest…